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DGTR - Deutsche Gesellschaft für Transportrecht

DGTR intern

Beitragsdatum: 20. Juli 2020

Prof. Dr. Rolf Herber

Liebe Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Transportrecht,

Prof. Dr. Rolf Herber, unser Ehrenvorsitzender, ist am 15. Juli 2020 in seinem 92. Lebensjahr gestorben.

Mit ihm verlieren wir nicht nur den Gründer und das langjährige wissenschaftliche und organisatorische Kraftzentrum unserer Gesellschaft, sondern auch einen lieben, väterlichen Freund. Das Transportrecht insgesamt verliert eine seiner wissenschaftlich profiliertesten Gestalten.

Werfen wir noch einmal einen Blick auf sein Leben. Prof. Herber hatte nach dem Abschluss seiner juristischen Ausbildung die berufliche Laufbahn im Bundesministerium der Justiz begonnen, dem er für sein ganzes Berufsleben verbunden blieb. Zu den Höhepunkten seiner Arbeit im Ministerium gehörte 1978 die Leitung der Konferenz der Vereinten Nationen über die Beförderung von Gütern auf See in Hamburg, deren Ergebnis die sog. Hamburg Regeln sind, ein auch heute noch richtungsweisendes Seefrachtrechtsübereinkommen. Beteiligt war er auch an dem inzwischen in das BGB integrierten AGB-Gesetz, dessen raumgreifende Anwendung durch die Rechtsprechung er immer wieder kritisch betrachtete. Zuletzt Ministerialdirigent, wechselte er 1984 nach Hamburg und übernahm die Leitung des neu geschaffenen Instituts für Seerecht und Seehandelsrecht der Universität Hamburg und begeisterte während seiner über zehnjährigen Dienstzeit zahlreiche Studentinnen und Studenten für das Seehandels- und das sonstige Transportrecht; viele seiner damaligen Schüler sind diesem Rechtsgebiet bis heute treu geblieben. Im November 1985 übernahm er die Herausgabe der Zeitschrift „Transportrecht“, später erweitert um eine handelsrechtliche Beilage, die schließlich als „Internationales Handelsrecht“ verselbständigt wurde. Nur wenig später gründete er, gemeinsam mit ein paar vertrauten Gleichgesinnten, die Deutsche Gesellschaft für Transportrecht, die er danach für ein Vierteljahrhundert leiten und zu ihrer heutigen Größe und Bedeutung ausbauen sollte. Bald darauf trieb er die Reform des deutschen Transportrechts voran, indem er gemeinsam mit einer von ihm geleiteten Sachverständigenkommission einen Gesetzgebungsvorschlag erarbeitete, der zur Grundlage der großen Transportrechtsreform von 1998 wurde.

Seine Emeritierung 1995 konnte seine enorme Schaffenskraft nicht bremsen. Er lenkte sie nun vermehrt auf seine wissenschaftlichen Arbeiten, insbesondere als Bandredakteur des 7. Bandes des Münchener Kommentars zum HGB, und auf anwaltliche Tätigkeit in der Anwaltskanzlei Ahlers & Vogel. Zugleich beteiligte er sich an vorderster Front an einem weiteren Reformvorhaben, der Seehandelsrechtsreform, die nach langjährigen Vorarbeiten einer von ihm geleiteten Sachverständigengruppe 2013 Gesetz wurde. Und natürlich lagen ihm weiterhin auch seine beiden Zeitschriften, der „MüKo“ und die Transportrechtsgesellschaft am Herzen. Die meisten von uns haben die vielen Symposien noch gut in Erinnerung, durch die er uns im scheinbar leichten Conférencier-Ton führte, oft mit umwerfender Komik gewürzt und doch immer auf höchstem wissenschaftlichem Niveau.

Der Rückzug aus dem Tagesgeschäft, den er – weit jenseits des 80. Lebensjahrs – schließlich schrittweise und zögernd vollzog, hinderte ihn nicht daran, seine eigenen Vorstellungen weiterhin nach Kräften einzubringen. Als wir aus Anlass seines 90. Geburtstags ein Kolloquium zu seinen Ehren planten, wischte er alle wohlgemeinten Themenvorschläge kurzerhand vom Tisch und bestimmte ein anderes Sujet, nämlich die internationale Rechtsvereinheitlichung, die ihn bereits zu seiner Zeit im Ministerium und auch danach immer beschäftigt hatte. Bei diesem Kolloquium im März 2019 haben viele von uns ihn noch einmal persönlich erlebt – mir bleibt unvergesslich, wie treffsicher er am Ende die gehaltenen Referate zusammenfasste und in der ihm eigenen, unvergleichlichen Weise auch gleich kommentierte und einordnete, so wie er das über Jahrzehnte am Ende jedes Symposiums getan hatte.

Bis vor wenigen Wochen war er noch damit beschäftigt, die nächste Auflage des MüKo-HGB Band 7 auf den Weg zu bringen und dabei seine Nachfolge zu regeln. Auch ich habe darüber noch ein paar Mal mit ihm telefoniert und war froh über die Festigkeit seiner Stimme, die weiterhin vollkommen ungetrübte Klarheit seiner Gedanken, die Energie, die er trotz sich langsam verschlechternder Gesundheit noch immer ausstrahlte, und über seinen ungebrochenen, unverwechselbaren, eloquenten und amüsanten Charme, den wir über all die Jahre immer so genossen haben.

Seine Stimme ist nun verstummt. Wir trauern und werden ihn nie vergessen.

Für den Vorstand der Gesellschaft

Dr. Kay Uwe Bahnsen

 

Der Vorstand hat ein Kondolenzbuch eingerichtet, das Sie hier finden.